Scheidung & Steuern
Wann ändert sich die Lohnsteuerklasse ?
Immer wieder sind Mandanten verunsichert, welche steuerrechtlichen Folgen die Trennung vom Ehegatten hat, insbesondere, wann sich die Lohnsteuerklasse ändert. Das Steuerrecht stellt grds. nicht auf das Datum der Trennung oder Scheidung ab, sondern prüft die Voraussetzungen der steuerlichen Veranlagung kalenderjahrweise. Wesentliches Merkmal für das Finanzamt ist das dauernde Getrenntleben der Ehegatten in einem Kalenderjahr.
Durch die Trennung ändert sich daher zunächst einmal nichts. Im gesamten Kalenderjahr der Trennung können die Ehegatten die bisherige Steuerklassen, etwa die günstige Steuerklassenkombination III/V oder auch die Kombination IV/IV noch beibehalten. Da in diesem Kalenderjahr zeitweise - nämlich bis zur Trennung - die eheliche Lebensgemeinschaft noch bestand, haben die Ehegatten auch nur zeitweise - nämlich erst für den Rest des Kalenderjahres ab der Trennung - und eben nicht dauernd getrennt gelebt.
Erst mit Beginn des auf die Trennung folgenden Kalenderjahres ändert sich der steuerliche Status der Ehegatten. Im Kalenderjahr nach der Trennung leben die Ehegatten das gesamte Jahr über, also dauernd, getrennt und müssen daher die ungünstigeren Steuerklassen I bzw. II wählen. Steuerklasse II gilt in der Regel für Ledige, Verwitwete, Geschiedene und Getrenntlebende, die in ihrem Haushalt mindestens ein Kind betreuen, für das sie Kindergeld erhalten und nicht mit einem Partner zusammenleben. Steuerklasse I gilt für die übrigen Ledigen, Verwitweten, Geschiedenen und Getrenntlebenden.
Es liegt damit auf der Hand, daß allein durch die geschickte Wahl des Zeitpunkts der Trennung im Trennungsjahr beträchtliche Steuervorteile gerettet oder aber verschenkt werden können.
Beispiel 1 : Die Ehegatten trennen sich nach einem heftigen Streit zum 28.12.07 und die Ehefrau zieht mit dem Kind zu ihren Eltern in eine dortige Einliegerwohnung und erklärt, sie wolle die Scheidung. Sie können nur noch für das restliche Kalenderjahr 2007 die bisherige Steuerklassenkombination beibehalten und müssen schon zum 01.01.08 in die ungünstigeren Steuerklassen I bzw. II wechseln.
Beispiel 2 : Die gut beratenen Ehegatten gönnen sich nach ihrem Streit und dem Auszug der Ehefrau erst noch einige Tage Überlegungsfrist und entscheiden erst am 10.01.08, daß ihre Ehe gescheitert ist und sie die Scheidung anstreben. Sie können noch für das gesamte Kalenderjahr 2008 die bisherige Steuerklassenkombination beibehalten und müssen erst zum 01.01.09 in die ungünstigeren Steuerklassen I bzw. II wechseln.
Die Frage, ob Ehegatten im steuerrechtlichen Sinne zusammenleben oder getrennt leben, bemisst sich - wie im Familienrecht auch - grundsätzlich nach 2 Merkmalen :
Die erste Voraussetzung für ein Getrenntleben ist die objektive Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft in Form der räumlichen Trennung und Führung von zwei Haushalten. Hierbei handelt es sich jedoch lediglich um einen Anhaltspunkt, denn es gibt andererseits - weder im Steuerrecht noch im Familienrecht - für Ehegatten keine gesetzliche Pflicht, gemeinsam in einem Haushalt zu leben. Auch bei einer vollständig intakten Ehe können vielfältige Gründe dazu führen, daß die eheliche Lebensgemeinschaft nach außen nicht zutage tritt, z.B. wenn ein Ehegatte im Ausland arbeitet und der andere Ehegatte mit den Kindern in Deutschland verbleibt, wenn von Pendlern nur „Wochenendehen“ geführt werden können usw. Aber auch unabhängig von solchen auf der Hand liegenden Notwendigkeiten können sich Ehegatten bei völlig intakter Ehe aus rein persönlichen Gründen entschließen, nicht in einer Wohnung zusammenzuleben.
Erst zusammen mit dem zweiten Merkmal, dem Willen das eheliche Zusammenleben nicht mehr fortzusetzen, führt eine räumliche Trennung der Ehegatten auch zu einem Getrenntleben im steuerrechtlichen Sinne. Da die Willensbildung naturgemäß zunächst einmal nur im Kopf der Ehegatten stattfindet, ist diese von außen für Dritte, also auch für das Finanzamt, nicht überprüfbar, solange dieser Wille nicht in irgendeiner Weise geäußert wird.
Das Finanzamt kann daher die Frage des Getrenntlebens von Ehegatten nur schwer beurteilen, da es auf die Ermittlung der nach außen zutage tretenden Merkmale beschränkt ist. Dies trifft jedenfalls auf den Beginn der Trennungszeit zu, während mit zunehmender Trennungszeit sich auch die nach außen tretenden Merkmale verdichten : So kann beispielsweise aus der Tatsache der räumlichen Trennung + der Willensäußerung in Form der Einreichung eines Scheidungsantrages kaum widerlegbar auf ein Getrenntleben der Ehegatten geschlossen werden
Wer erhält nach der Trennung die Steuererstattung des Finanzamts ?
Wenn das Finanzamt nach der Trennung Steuererstattungen überweist, gibt es häufig Streit darum, wie diese aufzuteilen sind. Dies gilt erst recht, wenn Steuernachzahlungen zu entrichten sind.
Die Rechtsprechung sieht vor, daß die Aufteilung sowohl von Steuererstattungen als auch –nachzahlungen im Innenverhältnis zwischen den Ehegatten untereinander entsprechend einer fiktiven getrennten Veranlagung der Eheleute erfolgt.
Verfügt ein Ehegatte nur über Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit und hat er alle Freibeträge auf seiner Lohnsteuerkarte eintragen lassen, so wurde in der Regel die auf ihn entfallende Steuer bereits als Lohnsteuer durch den Arbeitgeber abgeführt und es entsteht weder ein Anspruch auf eine Steuererstattung noch wird eine Steuernachzahlung fällig. Anders sieht es aus, wenn ein Ehegatte etwa
- zwar nur Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielt, aber neben den bereits als Freibetrag auf der Steuerkarte eingetragenen weitere Werbungskosten, außergewöhnliche Belastungen etc. geltend machen kann
- zusätzlich zu seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit über weitere Einkünfte, z.B. aus Vermietung und Verpachtung, Kapitalvermögen oder selbständiger Arbeit, verfügt
- generell Einkünfte erzielt, die nicht der Lohnsteuer unterliegen (also alle anderen Einkünfte mit Ausnahme derjenigen aus nichtselbständiger Beschäftigung)
Die vorgenannten Ausführungen gelten jedoch nur für interne Aufteilung der Steuerlast zwischen den Ehegatten. Nach außen, dem Finanzamt gegenüber, haften zusammen veranlagte Ehegatten grds. gemeinsam als sog. Gesamtschuldner.
Um spätere Probleme zu vermeiden können die getrennt lebenden Eheleute jedoch dem Finanzamt ihre Trennung sowie die neuen Kontoverbindungen der Ehegatten anzeigen und einen Antrag auf Aufteilung der Steuerschuld stellen. Dann überweist das Finanzamt einerseits Steuererstattungen gleich demjenigen Ehegatten, dem sie intern auch zustehen und verbucht andererseits eingehende Steuerzahlungen nicht mehr auf beide Ehegatten, sondern nur noch auf denjenigen Ehegatten, der sie bezahlt hat.
Weshalb führt ein Versöhnungsversuch zu einer günstigeren Steuerklasse ?
Da das Merkmal des dauernden Getrenntlebens in einem Kalenderjahr die steuerliche Zuordnung zu der ungünstigeren Steuerklasse auslöst, kann sich ein Versöhnungsversuch der Ehegatten im Trennungsjahr - auch steuerlich - lohnen.
Grundsätzlich führt der Versöhnungsversuch, d.h. ein erneutes zeitweises Zusammenleben der Ehegatten im Jahr nach der Trennung nämlich dazu, daß das Merkmal des dauernden Getrenntlebens für dieses Jahr nicht mehr gegeben ist und daher nochmals die günstigeren Steuerklassen gewählt werden können.
Wichtig : Das familienrechtliche Trennungsjahr als Voraussetzung für die Ehescheidung wird durch einen kurzzeitigen Versöhnungsversuch nicht unterbrochen.
Die Finanzverwaltung legt aber an einen steuerrechtlich wirksamen Versöhnungsversuch klare Maßstäbe an.
Es muß der nachvollziehbare und belegbare Wille bestanden haben, die eheliche Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft endgültig, vorbehaltlos und auf Dauer wieder neu zu begründen. Ein Versöhnungsversuch von mindestens einmonatiger Dauer kann unter diesen Umständen bereits ausreichend sein. Eine kurzzeitige Rückkehr in die Ehewohnung zum Ehegatten oder ein gemeinsamer Urlaub allein sind somit i.d.R. nicht ausreichend.
Eine vorbehaltlose Wiederaufnahme der ehelichen Lebensgemeinschaft setzt nach Auffassung der Finanzverwaltung voraus, daß der zurückkehrende Ehegatte den vorherigen Auszug dauerhaft wieder rückgängig macht, also z.B. den Mietvertrag über die im Rahmen der Trennung angemietete eigene Wohnung kündigt. Falls bereits ein Scheidungsantrag bei Gericht eingereicht wurde, so akzeptiert die Finanzverwaltung einen Versöhnungsversuch nicht, wenn dieser nicht ebenfalls wieder zurückgezogen wurde.
Andererseits ist es der Finanzveraltung aber untersagt, unnötig in die Privatsphäre der Eheleute einzudringen. Eine Beiziehung der Akten des Scheidungsverfahrens und die u.U. abweichenden Angaben der Ehegatten zum Trennungszeitpunkt dort sollen einem Verwertungsverbot unterliegen.
Die Finanzverwaltung verlässt sich daher - bei übereinstimmenden Angaben beider Ehegatten - meist auf deren Angaben. Diese Behördenpraxis bedeutet aber natürlich keinen Freibrief für unzutreffende Angaben gegenüber dem Finanzamt, da Folge zumindest die Nachforderung der zu niedrig bemessenen Steuern, ggf. auch die Einleitung steuerstrafrechtlicher Ermittlungen sein können.